Wie der Kapitalismus unsere mentale Gesundheit beeinflusst
„Man muss produktiv sein“, „Ich bin nur etwas wert, wenn ich Leistung bringe“ oder „Ich muss immer verfügbar sein“ – das sind Glaubenssätze, die mir in meiner Arbeit immer wieder begegnen. Kein Wunder – in unserer kapitalistischen Gesellschaft wird unser Wert eng mit Leistung und Produktivität verbunden. In vielen Bereichen wird es glorifiziert, wenn wir immer beschäftigt sind oder wenn wir unsere Gesundheit für die Arbeit vernachlässigen. Selbst unsere Freizeit ist meist penibel durchgetaktet und lässt wenig Raum für Pausen oder Spontaneität.
Daher schleppen viele Menschen diese belastenden Glaubenssätze (meist unbewusst) mit sich herum und leiden unter den Folgen. Wir nehmen die (Warn-)Signale unseres Körpers nicht wahr oder ignorieren sie, fühlen uns ständig gestresst und kommen nur schwer zur Ruhe. Der internalisierte Kapitalismus führt dazu, dass wir uns während Pausen und Auszeiten schuldig fühlen und das Gefühl haben, nie genug zu tun oder zu haben.
Was können wir tun, um diesem Trend entgegenzuwirken?
Auf individueller Ebene können wir beschließen, in unsere innere Welt einzutauchen, gesellschaftliche Normen zu hinterfragen und unser Leben Stück für Stück nach unseren wahren Interessen und Werten auszurichten. Es kann sehr hilfreich sein, hinderliche Glaubenssätze und die damit zusammenhängenden erlernten Verhaltensweisen in einem sicheren Rahmen genauer zu betrachten und aufzuarbeiten. Auch ein systemischer Blick auf den familiären Hintergrund ist oft aufschlussreich, um herauszufinden, welche Glaubenssätze wir in unserer Kindheit übernommen haben. Weiterhin können wir mehr Balance in unser Leben einladen, wenn wir wieder lernen, auf unseren Körper und seine inhärente Weisheit zu hören.
Und es gibt viele weitere kleine Schritte, um in Kontakt mit den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Werten zu kommen:
Plane bewusst Zeit nur für dich selbst ein.
Verbringe Zeit in der Natur.
Lege dein Handy ab und zu zur Seite, insbesondere vor und nach dem Schlafen.
Gebe dir die Zeit, die du brauchst, um auf Nachrichten zu antworten.
Finde heraus, bei welchen Aktivitäten oder Themen du die Zeit vergessen kannst und integriere sie in deinen Alltag.
Die Bedeutung von individuellem und kollektivem Handeln
Diese individuelle Arbeit ist wichtig – denn sie steigert unser Wohlbefinden und kann andere inspirieren, das selbe zu tun. Gleichzeitig müssen wir aber auch die systemischen Probleme angehen. Denn das „Höher, schneller, weiter“ des Kapitalismus funktioniert nicht mehr. Unbegrenztes Wirtschaftswachstum ist nichts erstrebenswertes – auch wenn uns das in den Medien noch immer so verkauft wird. Es schädigt uns und unseren Planeten. Darüber hinaus hängen weitere Herausforderungen unserer Zeit direkt damit zusammen: Inflation, Zukunftsängste und globale Krisen, die manche Menschen aufgrund struktureller Ungerechtigkeiten stärker treffen als andere.
Nur gemeinsam können wir ein kollektives Umdenken fördern und neue Systeme schaffen, die dem Wohl aller Menschen und Lebewesen dienen. Viele Menschen machen sich glücklicherweise bereits auf den Weg. Sie hinterfragen den Status Quo und entdecken alternative Formen des Zusammenlebens, Wirtschaftens und des Austauschs, die der Gemeinschaft dienen.
Abschließende Fragen
Zum Schluss möchte ich dir noch ein paar Fragen mit auf den Weg geben:
Wann hast du das letzte Mal einfach mal “nichts” gemacht? Wie würde dein Leben aussehen, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Wie würdest du deine Zeit verbringen? Mir welchen Leuten würdest du den Großteil deiner Zeit verbringen? Was würdest du lesen, lernen, kreieren?
Und: Wie könnte eine Gesellschaft aussehen, die auf den Prinzipien der Solidarität und Fürsorge aufgebaut ist? Eine Gesellschaft, in der Arbeit nicht an Geld gekoppelt ist? In der wir Zeit für Kreativität, Fürsorge und Gemeinschaft hätten? Was würden wir unseren Kindern beibringen? Wie würden wir den öffentlichen Raum nutzen?
Diese Fragen scheinen weit von unserer aktuellen Realität entfernt zu sein und es kann herausfordernd sein, sich damit auseinanderzusetzen. Wenn du dir Unterstützung bei diesem oder einem anderen Anliegen wünschst, melde dich bei mir.